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Hermes Gott der --"Diebe", -- Kaufleute, Kunsthändler, Hirten, Reisenden, Verkehrs, Redekunst, Sport und Begleiter in den Hades, sowie Götterbote des Zeus.
Rechtsvereinfachung bei Hartz IV: Verschlechterungen für Betroffene, ungelöste Probleme und mehr Bürokratie
Zur morgigen Entscheidung im Bundesrat zur sogenannten Rechtsvereinfachung bei Hartz IV erklärt Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und Vorsitzende der Partei DIE LINKE:
Wir haben im Bundestag dagegen gestimmt, weil das Gesetz zahlreiche Verschlechterungen für die Betroffenen zu Folge hat. So werden zum Beispiel die Kürzungsmöglichkeiten von Leistungen bei sogenanntem sozialwidrigem Verhalten ausgeweitet, ebenso die Leistungsentzugs- bzw. Leistungsversagungsmöglichkeiten. Grundlegende Probleme wie die grundrechtswidrigen Sanktionen oder der Mehrbedarf für Kinder, die sich bei getrennten Eltern aufhalten, werden nicht gelöst.
Die Beschäftigten in den Jobcentern werden mit zusätzlichen bürokratischen Arbeiten belastet. Nachdem das Gesetz im Bundestag leider mit den Stimmen der CDU/CSU und SPD beschlossen worden ist, stehen die Bundesländer in der Verantwortung, das Gesetz im Bundesrat durch mehrheitliche Ablehnung oder Enthaltung zu stoppen.
"Die Reform fällt aus", kommentiert Thüringens Sozialministerin Heike Werner, weder führe die Gesetzesänderung zu substanziellen Verbesserungen für die betroffenen Menschen, noch werde die Verwaltung vereinfacht. "Das SGB II hat seit Anbeginn eine Schwachstelle bei der Arbeitsförderung. Statt diese zu beheben, zielt das Änderungsgesetz auf schärfere Sanktionen. Das ist der falsche Weg", so Werner.
Nach langem Vorlauf bringe das Gesetz nach Auffassung von Werner nur wenige bescheidene Verbesserungen, etwa die Verlängerung des Bewilligungszeitraums auf 12 Monate und die Einführung einer Gesamtangemessenheitsgrenze bei Miet- und Heizkosten.
Bei der Ausgestaltung der Beschäftigungsförderung bleibe das Gesetz deutlich hinter dem Notwendigen zurück. Statt lediglich Arbeitsgelegenheiten länger zu fördern, wäre eine Umstellung von Hartz IV auf aktive Arbeitsförderung angezeigt. "Der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit kommen wir nur bei, wenn wir endlich die passiven Mittel für Hartz IV in aktive Mittel für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umwandeln", so Werner weiter.
Werner zeigte sich darüber hinaus enttäuscht davon, dass die Bundesregierung an den verfassungswidrigen Sanktionen festhalte. "Bereits 2010 hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass die Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums ein Grundrecht ist, das zwingend eingelöst werden muss. Die Leistungen im Rahmen von Hartz IV dienen der Existenzsicherung. Mit Leistungsabstrichen verbundene Sanktionen laufen dem Gebot des Verfassungsgerichts zuwider. Ihre Abschaffung ist daher überfällig", schließt Werner.
DIE ZEIT Nr. 1/2015, 30. Dezember 2014 In der Bundesagentur für Arbeit nennt mancher sie "unsere Gründungsmitglieder". Damit sind jene Menschen gemeint, die Hartz IV beziehen, seit es diese Form der Sozialleistung gibt: seit zehn Jahren. Schon der Zeitraum erscheint unglaublich lang. Noch unglaublicher ist aber, wie viele Menschen diesem imaginären Club angehören: 980.000, fast eine Million.
Dabei gelten die Hartz-Reformen als Erfolg. Im Ausland wird Deutschland dafür bewundert. Fachleute meinen, die Reformen hätten das deutsche Jobwunder mit ausgelöst. Und doch ist das Problem, auf das sich das Herzstück der Agenda-Politik richtete, die Hartz-Reform Nummer vier, bis heute ungelöst: die hartnäckige und extreme Langzeitarbeitslosigkeit.
Katrin Rutten gehört zu den "Zehnjährigen" im Hartz-IV-System. Sie ist von der ersten Stunde an dabei. Aber sie hat nichts mit dem typischen Hartz-IV-Empfänger gemein, wie er seit zehn Jahren im Fernsehen gerne vorgeführt wird – mit Jogginghose, Bierflasche und Schlappen an den Füßen. Sie trägt ein hellblaues Hemd mit einem Firmenlogo darauf, dazu eine hellblaue Schürze und eine hellblaue Schirmmütze. Das ist ihre Arbeitsuniform. An diesem Morgen ist sie um sechs Uhr früh aufgestanden und hat ihren Kindern Frühstück gemacht. Sie hat ihren Jüngsten in die Kita gebracht und ist zur Arbeit gefahren. Jetzt steht sie hinter einem Tresen in der Kantine der Maxim-Gorki-Gesamtschule in Kleinmachnow und wischt Essensreste von einem Teller.
Rutten ist Angestellte einer Firma, die Brandenburger Schüler mit Mittagessen versorgt. In einem Ofen bereitet die 33-Jährige das Essen zu, schnippelt Obst und Gemüse, sortiert Teller und Besteck, gibt am Tresen das Essen aus, wenn der Gong zur Mittagspause ertönt, und fängt bald danach wieder an, abzuspülen und aufzuräumen. Rutten kann also arbeiten, sie ist sich nicht zu schade dazu, und sie hat einen Job.
Ihr Problem: Der Lohn reicht nicht, um den Lebensunterhalt zu decken. Deshalb ist sie eine sogenannte Aufstockerin, bezieht also ergänzend zu ihrem Gehalt Hartz IV. Damit ist sie kein Einzelfall. Rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland sind gegenwärtig Aufstocker. Auch über sie wurde in den vergangenen Jahren viel in den Medien berichtet. Meistens hieß es dann empört: Deutschland braucht einen Mindestlohn! Arbeit muss zum Leben reichen!
Hakt es also an der Lohnhöhe? Wird der gesetzliche Mindestlohn, der zum 1. Januar 2015 eingeführt wird, Menschen wie Katrin Rutten aus Hartz IV holen?
Wohl kaum. Rutten verdient bereits 8,50 Euro die Stunde. Das entspricht der Summe, die als Mindestlohn vorgesehen ist. Und selbst wenn sie doppelt so viel bekäme, wäre es nicht genug. Ihr Problem ist nicht der Stundenlohn, es sind die Stunden – sie arbeitet nur zwischen vier und fünf am Tag. Berücksichtigt man noch die Schulferien, in denen sie nichts zu tun hat, ergibt sich sogar nur eine durchschnittliche Arbeitszeit von 3,5 Stunden pro Tag. So kommt sie auf monatlich 595 Euro brutto. Die allermeisten Aufstocker arbeiten nur wenige Stunden pro Woche. Eine Berechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ergab, dass 95 Prozent von ihnen nach Einführung des Mindestlohns weiterhin staatliche Unterstützung brauchen werden. Für viele Menschen bleibt Hartz IV deshalb weiterhin, was es eben auch ist: ein Kombilohn. Und nicht bloß Stütze für Menschen in Jogginghose.
In Internetforen helfen sich Arbeitslose beim Umgang mit den Bürokraten